Samstag, 14. November 2009

Giacomo Puccini – Turandot

Am 07.11.2009 hatte ich das Glück einer Aufführung von Puccinis „Turandot“ beizuwohnen. Ich hatte zwei gute Plätze für die Live-Übertragung aus der METropolitan Opera in New York bekommen und verbrachte mit H. einen sehr schönen Abend im Cinespace Multiplexkino an der Waterfront, Bremen. Das Programm und die Tickets habe ich Euch einmal eingescannt, nicht zuletzt damit ich die Handlung nicht komplett
wiedergebenmuss. Die Übertragungen aus der Met sind immer etwas ganz Besonderes und sehr gut besucht. Auch an diesem Tag füllte sich der Saal bis in die untersten Reihen, sodass weitere 600 Leute das Spektakel auf der 270m² messenden Leinwand genießen konnten. In Zusammenarbeit mit dem Gastrobetrieb „Alex“ wurden Brezel und andere Leckereien angeboten. Vor Beginn der Aufführung werden Live-Bilder aus New York auf der Leinwand gezeigt. Man sieht die majestätische METropolitan Opera vollkommen ausverkauft, doch was den Menschen im Theater verborgen bleibt wird ebenso gezeigt. Es werden Bilder vom Bühnenaufbau gezeigt und eine Moderatorin beschreibt auf Englisch kurz die Entstehungsgeschichte des Stückes. Dann folgt Werbung für weitere Live-Übertragungen. Als das Licht im Kinosaal ausgeht lehne ich mich in meinem bequemen Sessel zurück und erwarte voller Vorfreude die erste Oper meines Lebens zu sehen. Und ich werde nicht enttäuscht, auch wenn es ganz anders ist, als ich es mir vorgestellt hatte. Die Anfangsstimmung ist düster und unheimlich, trotz eines gewaltigen Bühnenbildes. Wir befinden uns im alten China, in Peking um genau zu sein, in dessen dunklen Gassen das Volk die Hinrichtung eines gescheiterten Freiers der Prinzessin Turandot erwartet. Er ist nicht der erste, den dieses Schicksal trifft, denn die Prinzessin hat mit ihrem Vater vereinbart, nur den Mann zu heiraten, der in der Lage ist drei Rätsel zu lösen, die sie ihm stellt. Wer versagt, wird geköpft und sein rumpfloses Haupt wird als Warnung, auf einem Pfahl aufgespießt, in der Stadt aufgestellt. Doch diese abschreckende Maßnahme ist angesichts der Schönheit der Prinzessin vollkommen nutzlos, denn auch der junge Prinz Calaf, welcher der Hinrichtung beiwohnt, verfällt ihr. In einer kurzen Zwischensequenz sprechen die geköpften Prinzen und verkünden Turandot sei von solcher Schönheit, dass sie sie noch immer lieben würden. Am Ende des ersten Akts schlägt Calaf, hingegen aller Warnungen (das Volk beklagt: „Es gibt drei Rätsel, aber nur einen Tod“), drei Mal den Gong, um sich um Turandot zu bewerben.
Die Kostüme sind prunkvoll (zumindest die, der adligen Figuren) und es werden beeindruckende Showeinlagen geboten. So werden beispielsweise Salti auf der Bühne geschlagen und es gibt den Tanz eines chinesischen Drachen zu sehen. Liù, eine Sklavin, die sich aufopferungsvoll um Calafs Vater Timur kümmert, tritt schon zu Beginn als tragische und bemitleidenswerte Figur hervor. Sie ist verliebt in Calaf, seit er sie das erste Mal anlächelte und so fleht auch sie ihn an, sich nicht den Rätseln Turandots zu stellen, doch er bleibt stur und bemerkt nicht, wie sehr sie sich um ihn sorgt.
Als der Vorhang fällt kommen alle Akteure des Aktes noch einmal auf die Bühne, um ihren Applaus abzuholen. Erneut können wir einen Blick hinter die Kulissen, auf die Umbauarbeiten, werfen. Die 40 minütige Pause wird durch direkte Live-Interviews mit den Darstellern unterhalten. Diese Interviews sind anders als das Stück selber, nicht mit Untertiteln versehen und nur für Leute mit ausreichenden Englischkenntnissen zu verstehen. Die Akteure sprechen von der großen Ehre, die es für sie bedeutet in der Met singen zu dürfen. Alle erscheinen sehr sympathisch.
Erst jetzt wird das ganze Ausmaß des Opernhauses deutlich. Mit Kränen werden Kulissen vom einen Ende einer riesigen Halle an das andere gefahren.
Ein kleiner Wermutstropfen bliebt jedoch zurück, denn im ersten Akt gab es eine Bild- und Tonstörung von etwa 50 Sekunden Dauer. Der Fehler liegt allerdings nicht beim Kino, wie Theaterleiter B. Aurin in der Pause über das Saalmikrophon erklärt, sondern bei der Met, deren Übertragung an dieser Stelle einfach nicht stabil war.

Der zweite Akt spielt in dem prächtigsten und opulentesten Bühnenbild, das ich bisher gesehen habe. Wir befinden uns im Palast der Königs von China. Neben seiner Hoheit selbst und einigen Dienern kauert am Bühnenrand das einfache Volk. Es sind unheimlich viele Personen auf der Bühne. Turandot erhebt zum ersten Mal die Stimme und erzählt vom Schicksal einer Ahnin, der Unrecht durch die Männerwelt geschah und dessen Leben sie rächen will, indem sie alle Männer töten lässt, die es wagen sich ihr anzubieten. Man beginnt langsam sie in bisschen besser zu verstehen, obwohl sie während des gesamten Stückes nicht zum Sympathie-träger wird. Calaf schafft es ihre Rätsel zu lösen und besiegt die stolze Prinzessin. Diese ist davon so entsetzt, dass sie ihren Vater anfleht sie nicht dem fremden Prinzen zur Frau zu geben, doch ihr Vater ist ihrer Spielchen leid und will sie zwingen ihr Versprechen einzuhalten und Calaf zu heiraten. Calaf jedoch erklärt, dass er keine Frau wolle, die ihn hasst, sondern eine, die ihn liebt. So gibt er Turandot eine weitere Möglichkeit sich ihm zu entziehen, indem er ihr nun seinerseits ein Rätsel aufgibt. Sollte sie bis zum Morgengrauen seinen Namen in Erfahrung gebracht haben, so soll sie über sein Schicksal entscheiden (an dieser Stelle musste ich leider etwas zu laut lachen und kassierte böse Blicke meiner Sitznachbarn, doch die Aufgabe erinnerte mich einfach zu sehr an das Märchen der Gebrüder Grimm vom Rumpelstilzchen).
Der Akt endet mit dieser Vereinbarung und es gibt erneut Applaus für die Darsteller und weitere Interviews.
Der dritte Akt beginnt mit einem Lied, das selbst Menschen wie mir, die bisher keine Ahnung von Opern hatten, bekannt ist. Calaf singt „Nessun dorma“, das berühmte Lied, mit dem sich Paul Potts bei der englischen Version von „Das Supertalent“ in die Herzen der Zuschauer sang. Marcello Giordani (Calaf) hatte in der Pause, während seines Interviews, zugegeben, dass er sehr nervös sei dieses Lied zu singen, weil es sehr schwer sei und er es lieber schon mit dem ersten Akt hinter sich gehabt hätte. Doch er meistert diese Herausforderung mit Bravur und es gibt szenischen Applaus in der Met, sowie im Kinosaal. Ich habe für Euch ein youtube.com Video dieses Liedes verlinkt, allerdings wird es in dieser Fassung von Plácido Domingo gesungen, also nicht die Version, die ich gesehen habe, aber auch sehr schön und es handelt sich wirklich auch um einen Auftritt in der Met.
Turandot hat allen Menschen ihres Landes verboten zu schlafen, bis man ihr nicht den Namen des fremden Prinzen verriete. Timur und Liù werden gefangen genommen, denn man sah, wie sie sich mit Calaf bei der Hinrichtung zu Beginn unterhielten. Die Sklavin stellt sich mutig vor Timur und behauptet sie sei die Einzige, die den Namen kenne. Turandot droht ihr mit Folter, doch auch das hilft nicht und als die Prinzessin Liù fragt, was ihr die Kraft gäbe sich ihr zu widersetzen sagt Liù, es sei die Liebe zu dem fremden Prinzen. Calaf hört all dies mit an und scheint Liù zum ersten Mal wirklich als Frau wahrzunehmen. Doch für die beiden gibt es keine Zukunft. Weil Liù fürchtet unter der Folter doch seinen Namen preizugeben entreißt sie einem ihrer Bewacher einen Dolch und tötet sich selbst. Calaf singt daraufhin das Lied „Principessa di morte“ und klagt Turandots Kaltherzigkeit an. Dieses Lied hatte ich mir noch kurz vor dem Opern-/Kinobesuch angehört und war sofort begeistert davon. Anschließend küsst er sie leidenschaftlich und Turandot gesteht ihm, dass sie ihn schon vom ersten Augenblick an geliebt habe. Dies bewegt Calaf dazu, ihr seinen Namen zu verraten.
Am nächsten Morgen treten beide vor den Kaiser und Turandot verkündet sie habe das Rätsel gelöst. Der Name des Fremden sei „Liebe“. Das Volk jubelt und es kommt zu einem Happy End, über dem allerdings die Trauer und das Mitleid für Liù schweben.
Diese Oper war einfach ein großes Spektakel. Das pompöse Bühnenbild, die prächtigen Gewänder und der wundervolle Gesang haben mich gefesselt und die Möglichkeit dieses kulturelle Ereignis im Kino erleben zu können ist meiner Meinung nach eine großartige Idee. Auch wenn man in der Met noch ein anderes Gefühl für das Stück und die Musik gehabt hätte, war dieses Erlebnis in dieser Form auch schon sehr ergreifend.

Für die Bewertung ziehe ich wieder mein bekanntes Eulen-System zu Rate, doch möchte ich einzelne Abstufungen vornehmen. Ich unterteile in die Kategorien Stück, Musik und Erlebnis.

Im Bereich Stück (also für die Handlung selbst) vergebe ich vier Eulen, denn die Handlung war zwar spannend, doch die Stelle, an der Calaf Turandot sein Rätsel aufgibt fand ich einfach nicht so schön.

Im Bereich Musik vergebe ich volle Punktzahl – fünf Eulen, denn die Musik war einfach wunderbar und die Stimmen der Darsteller atemberaubend.

Im Bereich Erlebnis schließlich vergebe ich vier Eulen. Ich war geneigt auf Grund des kurzen Ausfalls nur drei zu geben, doch das wurde durch das unglaubliche Bühnenbild und die schillernden Kostüme wieder wettgemacht.

Daraus ergibt sich für mich ein Endergebnis von gerundet vier Eulen für Turandot. Die Oper ist wirklich ein Erlebnis und ich würde sie mir auch noch ein zweites oder drittes Mal ansehen.

1 Kommentar:

  1. Hi :)
    Das mit den Eulen finde ich eine süße Idee! Und du twitterst ja abwechselnd auf Deutsch und auf Englisch^^. Die Oper klang sehr spannend, ich hatte keine Ahnung, dass es Übertragungen ins Kino davon gibt!
    Liebe Grüße,
    Lilly

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